von Freddy » 16 Jul 2009 10:05
Hallo wered,
gut, dass du wieder da bist und danke für deine Antwort.
Schön, dein Satz: das Wesentliche…was in jedem von uns angelegt ist, ist unzerstörbar.
Bei mir war es gar nicht vordergründig die Selbstverliebtheit, die narzisstische, die ja jeder hat, denn ich litt schon immer an Minderwertigkeitsgefühlen durch meine Außenseiter-Rolle schon in der Jugend, ( da ich eine, für mich damals vor den andern zu verbergende, abweichende sexuelle Orientierung an mir feststellte).
Vielleicht um das auszugleichen, baute ich mir feste Überzeugungen und Vorstellungen von mir selber auf, in denen ich ein sehr „guter“, überlegener, moralisch und menschlich vorbildlicher und völlig zu Unrecht verkannter, unverstandener Mensch war. Es ging ein bisschen in Richtung Opfer- oder Märtyrerideal, was mir aber damals überhaupt nicht bewusst war. Ich sah das alles als gegeben und unverrückbar. Schicksalshaft unausweichlich.
Heute kann ich mich mit Grausen daran erinnern, wie ich ständig innerlich über andere Personen in meinem Umfeld urteilte. Es war eine Endlos-Schallplatte, die ständig Kommentare zu den anderen Leuten abgab. Ich konnte niemanden unbefangen er selber sein lassen, sondern fing sofort an, in ihn irgendeine Sache zu verwickelt, meistens ein Thema, über das man streiten konnte, um mir zu beweisen, dass der andere ein armseliger mieser Kleingeist ist, der mir doch nur Böses will.
Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich auf die Weise kaum Freunde fand und mich einsam fühlte.
Um das auszuhalten, wurde die Kritik an den anderen noch stärker und der Glaube an meine eigene „Gutartigkeit“ immer fester. Merkwürdiges Weltbild, das ich da hatte…
Ich brauchte dringend jemanden, der mein Weltbild stützte, das spürte ich, denn ganz allein konnte ich es nicht aufrecht erhalten.
Dieser jemand (eine Person, in die ich glaubte, mich verliebt zu haben) verweigerte sich, war nicht bereit, meine Sicht der Dinge zu teilen, sondern stocherte, im Gegenteil, in meinen Schwächen herum oder ging dazu über, mich vollkommen zu ignorieren.
Ich war entrüstet über sein unmenschliches, (für mich damals böse und eiskaltes) Verhalten und wähnte mich als Opfer einer Verschwörung, weil ich nicht mehr klar denken konnte.
Tatsächlich bildete ich mir ein, ich solle „vernichtet“ werden, war mir auch über diese Paranoia klar, konnte mir aber die Geschehnisse nicht anders erklären.
Um es kurz zu machen, ich versuchte mich verzweifelt an irgendwas zu klammern, aber alles brach und bröckelte weg, es gab nichts, was mir Halt gab.
Oder: doch, es gab ein Buch, was ich damals las und mir auch Dinge daraus aufschrieb, darin stand, so in etwa:
ALLES WAS WIRKLICH WICHTIG IST, WIRD DIR BLEIBEN!
Darauf vertraue ich noch heute.
Es war die nackte Angst, mit wortwörtlich Heulen und Zähneklappern, und zog sich über Monate hin. Heute sehe ich, dass dieses „langsame“ Abrutschen für mich gut war, denn so geriet ich nicht total in Panik, sondern konnte es gerade noch aushalten.
Ich entdeckte all die Schwächen und Fehler, die ich auf andere projiziert hatte, in mir selber. Entsetzlich – zum Glück nicht alle auf einmal.
Und auch damals begegneten mir Menschen, die mir weiterhalfen, entweder ähnliches erlebt hatten oder mich zumindest trösteten, jedenfalls mich nicht so verurteilten, wie ich befürchtet hatte. Ganz langsam entdeckte ich, dass es gar nicht so schlimm war, „einer von ihnen“ zu sein, ich war sogar ein bisschen erleichtert, es war ein grosses „Ach so….“
Noch heute bin ich erstaunt, über das, was (an „gutem“ wie an „bösem“) in mir steckt, und – wenn ich es zulassen kann- auch in den anderen. Meistens ist es mir zuviel, ich brauche meine Beschränkungen,
Es ist ungeheuerlich, mit wieviel Illusionen ich freiwillig herumlauf.!
So ganz ohne Ego kann ich in der westlichen Industrienation auch net rumlaufen, da würd i ja untergehen…
Aber was andres, ich überleg mir, ob ich eine asiatische Selbstverteidigung lern, um stärker zu werden, hast du da auch Erfahrung?
Ich sehe dich vor mir, in Zen-Haltung und schwarz gekleidet, wie du das Kinn und den Kopf nach oben hälst und tief einatmest – und dir deinen Teil über das alles denkst…
LG Freddy